Größter buddhistischer Tempel in Yunnan

Meine ersten 36 Stunden in China!

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Allgemein

Ni-hao, ich bin in China – genauer gesagt in Kunming/Yunnan! Ich verspreche gleich zu Beginn, dass dieser Artikel anders ist als die letzten. Fangen wir von vorne an: Flug und Immigration verliefen völlig problemlos, obwohl hier einige Dinge wirklich völlig anders laufen. Meine „I’m an Alien“-Erfahrung ging bereits am Flughafen in Thailand los. Außer mir war so ziemlich niemand nicht-asiatischer Herkunft, entsprechend wurde ich bereits ausgiebig von meinen Mitreisenden gemustert. Kurz vor der Landung ist der Steward durch das Flugzeug gelaufen und hat überall mit einem Mittel um sich gesprüht, das angeblich von der World Health Organisation empfohlen ist. Außer „Ebola“ hab ich nicht viel von der Erklärung verstanden. „Sorry for any inconvenience.“

Angekommen in Kunming ging es mit dem Taxi erstmal ins Hostel. Ich habe zum ersten Mal einen Dorm gebucht (3-er Female), allerdings bin ich alleine im Zimmer. Auch gut, dafür zahle ich nur 7 Euro pro Nacht. Kunming nennt sich selbst „Spring City“, weil hier immer frühlingshaftes Klima ist. Leider fällt der Frühling dieses Jahr ziemlich regnerisch und kalt aus, und ich HASSE Regen und Kalt. Alle, die sich Regenbilder von mir gewünscht haben, dürfen jetzt voller Vorfreude in die Hände klatschen.

So Leute, Hand aufs Herz. Ihr habt euch sicher insgeheim schon so riiiichtig gefreut auf meinen nächsten Bericht à la: „Es ist ja so toll hier, die Sonne scheint, alles ist so unglaublich super, viele Grüße, Ena“. Ich muss euch enttäuschen. Ich habe keine Ahnung, ob ich es hier total toll oder unfassbar ätzend finden soll – ich bin hin und her gerissen!

Fangen wir mal mit etwas Positivem an: Ich fühle mich sicher hier. Ich habe absolut keine Angst, dass mir jemand etwas böses möchte oder ich irgendwie abgezockt werde. Liegt vielleicht auch daran, dass ich 15cm größer bin als der durchschnittliche Chinese und 30cm größer als die durchschnittliche Chinesin. Die Leute haben eine natürliche Distanz und sind nicht aufdringlich. Wenn ich jemanden anlächle, bekomme ich immer ein Lächeln zurück. Keiner quatscht mich doof an, um mir irgendetwas zu verkaufen. Die Stadt ist gut zu erkunden und nicht zu groß, um einen Überblick zu bekommen. Ich kann mich hier verlieren, ohne Angst zu haben, verloren zu gehen, hinter jeder Ecke gibt es etwas zu erkunden und die Fremde, die ich mir gewünscht habe, finde ich hier. Kleines Beispiel: Gestern war ich auf der Suche nach etwas zu essen, als ich in einer kleinen Seitenstraße einen wirklich gut aussehenden Laden erspäht habe. Ich versprach mir ein kleines Restaurant mit lokalen Spezialitäten und gedämpften Speisen. Beim näheren Hinsehen sah ich rote Laternen am Eingang hängen und ein kleiner Teppich war davor ausgerollt. Voller Vorfreude ging ich zum Eingang – um herauszufinden, dass es sich hier um einen Parkplatz für Roller handelt. Dödööööp. Und gerade bin ich zu einem Handyshop gegangen. Ich war SICHER, dass ich dort eine SIM-Karte kaufen kann, stattdessen gab es nur: Eis in allen Farben.

Es gibt Millionen kleiner Geschäfte hier, die alle ähnlich sind, aber irgendwie auch völlig unterschiedlich. Zwischendurch verstreut sind Apotheken, die alles verkaufen, was zu einer Verbesserung des Chinesen im Allgemeinen führen soll. Ich verstehe von der Sprache wirklich gar nichts, den ganzen Tag höre ich nur Ching Chang Chong, entweder gesprochen oder aus einem der unzähligen Lautsprecher gesungen, die hier überall aufgestellt sind. Wenn mal etwas auf Englisch übersetzt ist, ist es meist völlig sinnlos („We Joy“), was ziemlich unterhaltsam ist. Die Sprache scheint nur aus Silben zu bestehen, und ich habe wirklich Lust, ein bisschen Chinesisch zu lernen.

Heute Morgen war ich mit dem Local Bus unterwegs. Bus fahren kostet nur 2 Yuan (weniger als 30 Cent) und ist ziemlich easy, da neben den Schriftzeichen auch immer eine Nummer mit angeschlagen ist. Wenn man ungefähr weiß, in welche Richtung man möchte, kann eigentlich nichts schief gehen. Mein Ausflug zum Bahnhof, um ein Ticket zu kaufen, war ebenfalls ein Erlebnis. Hier ist alles ‚etwas‘ größer, und sich mit 1000 anderen Chinesen durch die Sicherheitskontrolle zu quetschen, war schon eine ziemlich neue Erfahrung. Niemand kommt in den Bahnhof, ohne sein Gepäck durchleuchten und sich abtasten zu lassen. Leider hat das mit dem Ticketkauf nicht geklappt, aber dazu später mehr.

Gerade habe ich einen Tempel hier besucht und von einer Frau zwei Geschenke bekommen: Ein kleines Amulett und einen winzigen Lautsprecher, aus dem buddhistische Musik kommt und der mir beim Beten helfen soll. :-) Völlig abgefahren und so nett! Ich glaube, das bringe ich mit ins Büro, es eignet sich hervorragend als neue Sound Machine. Erst dachte ich kurz, sie möchte, dass ich ihr das abkaufe. Stattdessen war sie einfach so aufgeregt, jemanden zu sehen, der so völlig anders aussieht als alle anderen, dass sie mir ein Geschenk machen wollte. Ich hoffe, ich finde noch heraus, welche Bedeutung das Amulett hat.

Okay, das klingt ja schon mal alles ganz gut. Kommen wir dazu, was mich jetzt schon total nervt: Das Geräusch, das hier wirklich allgegenwärtig ist. (Jeder, der schon einmal in China war, wird es kennen.) Die Leute hier haben den unstillbaren Drang, ständig und überall hinzuspucken. Dabei spucken sie nicht einfach, sondern sammeln alle flüssigen Bestandteile, die sich irgendwo in ihrem Rachen und/oder Nasennebenhöhlenbereich befinden, mit einem unüberhörbar lauten Grunzen zusammen, um sich der Essenz ihrer Bemühungen auf dem Gehweg zu entledigen. Man sollte meinen, das sei ein Phänomen der unteren sozialen Schichten – falsch gedacht. Selbst gut angezogene, High-Heels-tragende, gepflegte Chinesinnen tun es. Einziger Unterschied: Sie spucken nicht auf den Boden, sondern in den nächsten Mülleimer, was vom Geräusch her keinen Unterschied macht. Nach nur 24 Stunden macht mich das bereits wahnsinnig!

Nächster Punkt: Der Rauch überall! Man kann nirgendwo hingehen, ohne, dass geraucht wird. Selbst im Taxi vom Flughafen hat sich der Fahrer nicht abhalten lassen.

Der Verkehr ist wirklich, sagen wir, aufregend. Es kann regnen, wie es will – Autos haben IMMER Vorrang vor Fußgängern. Einfach los zu laufen, ist sehr gefährlich. Während in Bangkok jeder auf die anderen achtet und man kaum über den Haufen gefahren werden kann, verhält es sich hier genau anders herum. Ständig wird gehupt und sich Platz verschafft und ich weiß nun, warum China das Land mit der höchsten Quote an Verkehrstoten weltweit ist. Gefährlich sind auch die Roller, die durch die neuen Elektromotoren überhaupt nicht mehr zu hören sind und sich ständig anschleichen. Vor meinen Augen ist ein Rollerfahrer einem Fußgänger über den Fuß gefahren. Der Fußgänger hat noch nicht mal geschimpft – war ja praktisch seine Schuld. Ich habe eine gute Taktik entwickelt, zu überleben, allerdings bin ich in Kunming auf der Gefährlichkeitsskala noch in Level 1, da der Verkehr hier wirklich überschaubar ist und es genug Lücken gibt, die ein sicheres Überqueren der Straße möglich machen.

Ich wurde zwar oft ‚gewarnt‘, aber wenn man es tatsächlich erfährt, ist es noch mal etwas anderes: Ich werde STÄNDIG angestarrt. Die Leute können nicht an mir vorbei gehen, ohne mich zu mustern. Teilweise fahren die Autos langsamer, um mich zu begutachten, oder ich werde angehupt, damit ich in die Richtung des / der Hupenden schaue. Jetzt weiß ich, wie sich Tiere im Zoo fühlen, die von den Besuchern ständig ange-PSSSST! werden. Ich habe mir angewöhnt, die Leute anzulächeln, was eigentlich immer hilft und ein Eisbrecher ist. Wie es mir in ein paar Wochen damit geht, wird sich zeigen. Bereits nach zwei Tagen denke ich heimlich darüber nach, anstatt zu Lächeln, lieber Grimassen zu schneiden oder extra grimmig zu schauen und die Zähne zu fletschen. Haha.

Manche Chinesen sind auch einfach richtig unfreundlich zu Fremden. Der erste Taxifahrer am Flughafen ist einfach ohne mich gefahren. Gestern war ich in einem riesigen Supermarkt auf der Suche nach einer Simkarte und habe speziell junge Chinesen angesprochen, weil ich mir erhofft habe, hier jemanden zu finden, der Englisch spricht. Falsch gedacht, Englisch spricht hier so gut wie niemand. Warum? Meine Theorie ist: Die Leute WOLLEN einfach nicht. Ich habe alles versucht: Höflich, zurückhaltend, direkt – nichts funktioniert, ich bekomme einfach keine Antworten oder werde woanders hin geschickt. Heute wurde ich in einem Restaurant wieder weggeschickt, weil ich keine Begleitung hatte – das fand ich auch echt unhöflich, könnte genau so aber leider auch woanders passieren.

Was mich aber gerade am allermeisten nervt, sind das schlechte Wetter und das miese Internet im Hostel. Ich wollte eigentlich noch mehr von der Gegend hier erkunden, allerdings bin ich der Meinung, dass man aufbrechen sollte, wenn man das Gefühl hat, dass es weiter gehen sollte. Allein der Gedanke, wieder unterwegs zu sein, gibt mir ein unbeschreiblich gutes Gefühl! Leider gab es keinen Platz mehr in einem der Nachtzüge in den nächsten Tagen: Ich fliege deshalb morgen nach Chengdu. :-)

Für alle Sorgenvollen unter euch: Mir geht es gut – wirklich! Ich genieße die Zeit hier sehr und mein Plan geht voll auf. Jeder Punkt aus der „Was mich jetzt schon total nervt“-Liste ist gleichzeitig eine tolle Erfahrung, die ich mache, da ich hier nur zu Besuch bin. Genau das ist das echte China, und ich bin froh, das alles live ‚er-leben‘ zu dürfen. Raus aus der Komfortzone, rein ins Abenteuer – nicht immer bequem, aber sehr aufregend!

Morgen flieg ich dahin, wo der (Szechuan-)Pfeffer wächst. Ha!

In diesem Sinne, liebste Grüße nach Zuhause von eurer China-Ena!

Update 30.8.: Hier die fehlenden Bilder!

 

1 Kommentar

  1. Schade, dass das Wetter in Kunming nicht mitgespielt hat. Dein Bericht hat mich an so mancher Stelle wieder laut lachen lassen! Und das Tempelbild macht Lust auf mehr. Wichtig ist aber doch, dass es dir gut geht und du in deinen Entscheidungen, wie das Abenteuer weiter geht, völlig frei und ungebunden bist. In diesem Sinne gute Weiterreise!
    Bussi von der Mama aus Ronneburg und
    Vom Papa nebst Odin aus Mühlbach ????

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