Frankfurt – Passierschein A38 bitte. Oder: Visum beantragen für China.

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Allgemein

Heute habe ich mein chinesisches Visum beantragt. Kennt ihr die Asterixfolge „Asterix erobert Rom“? Asterix und Obelix sind angehalten, im Haus, das Verrückte macht, den Passierschein A38 zu besorgen. So war mein Tag.

Ich habe mich für das chinesische Visumszentrum in Frankfurt/Main entschieden, das sehr gut ausgeschildert in der Bockenheimer Landstraße 51-53 liegt. Es gibt einen Türsteher, der mich herzlich am chinesisch-floral gestalteten Empfangs-Desk begrüßt. Glücklicherweise besteht auf Grund der Inneneinrichtung kein Zweifel, dass es sich um die chinesische und nicht um die russische Visumsstelle handelt. Nennen wir den Türsteher also – Ilja. Ilja ist adrett im Anzug gekleidet und deutlich größer/breiter als der Durchschnittsmensch. Er hat zwei Fragen zu stellen: 1. „Haben Sie Passkopie dabei?“ und 2. „Haben Sie vorher angemeldet?“. Ich muss sowohl Frage 1 als auch Frage 2 mit „Nein“ beantworten, das heißt für mich: zahlen. 20 Cent Kopiergebühren. Zack, hat Ilja meinen Pass fest in der Hand. Wechseln kann er nicht, deshalb schickt er mich wieder weg, um meinen 5-Euro-Schein in Münzen umzutauschen. Er selbst habe „eine Kopierkarte“ und würde derweil schon mal kopieren gehen, ich könne die 20 Cent gleich direkt bei ihm bezahlen. Gesagt, getan, ich stolpere also wieder nach unten, um mir in einem Café Kleingeld zu holen (und zahle € 1,80 für einen Espresso, was für das Frankfurter Westend noch günstig ist). Zurück am Empfang erhalte ich meinen Pass samt Kopie, zahle 20 Cent und werde nochmals gefragt: „Haben Sie Passkopie dabei?“ – Ja, danke, zufällig Ja. – und „Haben Sie vorher angemeldet?“ – Nein, immer noch nicht. Ilja ist so nett und zieht mir ein Zettelchen für die Visumsanwärter ohne Voranmeldung aus dem Automaten direkt vor meiner Nase. Mein Glückskekslos hat die Nummer B52.

Ich betrete die Wartehalle mit gefühlten 200 Plätzen. 3 davon sind bereits belegt, B51 ist gerade dran, ich muss nur 30 Sekunden warten, bis ich an Schalter 6 gerufen werde. Nervös trage ich meine Unterlagen plus Pass und soeben erworbener Passkopie über den mit Konfuzius-Zitaten durchwebten Teppichboden („Wenn ein Freund aus der Ferne kommt, ist die Freude doppelt so groß.“ Dieses Zitat muss ich unbedingt in meine Sammlung aufnehmen.). Ni-Hao! Ich verbeuge mich ungeschickt und sammle meine Unterlagen zusammen, um sie durch die kleine Öffnung am Schalter zu reichen. „Waren Sie schon einmal in China?“ – Nein. Der Arbeitsplatz meiner Sachbearbeiterin ist übersät mit Reisepässen, losen Passfotos von Chinesen und Nicht-Chinesen, Antragsformularen und weiteren Zetteln und Notizen. Es dauert nicht lange, bis meine Unterlagen großzügig unter die bereits bestehenden Zettel gemischt sind. Sie checkt meinen Reisepass und gleicht ihn mit dem durch mich ausgefüllten Visumsantrag ab.
Seite 1: Persönliche Angaben, Arbeitgeber. „Darf ich Sie fragen, was ist das für eine Art Unternehmen, bei dem Sie arbeiten?“ – Personaldienstleister. Sie ergänzt es gewissenhaft auf meinem Formular, ich frage lieber nicht, warum sie das wissen möchte, und unterschreibe ihre Änderung. Check, erste Seite geschafft.
Seite 2: Art des Visums, Angaben zu Verwandten. „Touristin?“ – Jap. Check, zweite Seite geht durch, das war einfach.
Seite 3: Anzahl geplanter Einreisen, Reiseverlauf in China, vorherige Straftaten und Krankheiten. Glücklicherweise habe ich heute Morgen noch den Beleg für den Ein- und Ausreiseflug ausgedruckt und mir geistesgegenwärtig und völlig spontan in einer 2-minütigen Aktion für die ersten beiden Nächte ein Zimmer gebucht. Die Reservierung kann ich bis Ende August kostenfrei stornieren. Beim dritten Durchsehen der Unterlagen fällt meiner Sachbearbeiterin dann DOCH noch ein Fehler auf: Die Reservierungsbestätigung für das Hotelzimmer enthält keinen Namen! Was nun? Auch hierfür gibt es eine Lösung. Ich könne mich an dem Computer am anderen Ende des Raumes in mein Mailkonto einloggen und die Bestätigung samt Namen ausdrucken. Gesagt, getan. Der Drucker ist sogleich der Kopierer, der übrigens nur mit Münzen funktioniert und kein Wechselgeld herausgibt. Es gibt keine „Kopierkartenfunktion“? Hatte mich Ilja etwa übers Ohr gehauen und meine 20 Cent eingesackt? Wer weiß, wie oft er das pro Tag macht. 

Visumsbüro

Eine Kopie kostet tatsächlich 20 Cent, der Automat ist voll von Freikopien, weil so gut wie niemand passendes Kleingeld dabei hat und Ilja nicht wechseln kann. Stattdessen steht er neben dem Kopierer und passt auf, dass auch jeder eine Münze einwirft. Der etwas hilflose Mann vor mir, mit dem ich mich noch durch sein chinesisches Mailpostfach klicke, um seine hoch vertraulichen Unterlagen zu suchen und auszudrucken, wirft jedenfalls nur 50 Cent ein und bekommt ohne Probleme vier Kopien. Ich drucke meine Unterlagen ebenfalls aus, ohne eine Münze einzuwerfen, bis mir Ilja über die Schulter blickt und meine Ausdrucke zählt. „Nicht vergessen bezahlen alle Kopie!“. Was solls, bevor ich mein Visum auf Grund von Kopiergeldbetrug nicht erhalte, spende ich Ilja einen weiteren Euro. 

Zurück am Schalter, wandert mein gerade ausgedrucktes Dokument ungesehen in den Stapel mit meinen Unterlagen. Seite 4 geht einfach so durch, dennoch: In der Zwischenzeit hat die Dame herausgefunden, dass ich im Zeitraum von 3 Monaten nur maximal zwei Mal einreisen darf, wenn ich nicht noch weitere Ein- und Ausreisetickets vorweisen könnte. Für einen längeren Aufenthalt hätte ich mehr Flüge buchen müssen. Schade, das entspricht nicht dem, was ich im Internet gelesen habe. Eine Sache stand aber in ziemlich jeder Beschreibung zum Beantragen eines China-Visums: Diskutieren ist zwecklos, daher nicke ich die Änderung meines Dokumentes auf Seite 3 nochmal ab (und unterschreibe wieder).
Das verkürzte Visum bedeutet, dass ich innerhalb von drei Monaten maximal zwei Mal ein- und ausreisen darf, für jeweils maximal 30 Tage. Wenn ich also Ende September weiter nach Japan fliege, gibt es erstmal keinen Weg zurück nach China. 

So oder so, dieser Besuch heute hat mir schon mal einen ersten kleinen Vorgeschmack auf die kulturellen Eigenheiten in China gegeben und ich bin gespannt, welche noch folgen werden. Meinen Passierschein A38 habe ich in Form eines Abholscheins für mein Visum erhalten, das ich hoffentlich bereits ab übermorgen (ganz ohne Expressgebühren) wieder entgegen nehmen kann. Die € 81,-, die das Visum kostet, bringe ich besser abgezählt in bar mit… (Ne, Ilja?)

Konfuzius sagt

Tipps für den Visumsantrag für China:

  • Passkopie dabei haben
  • 20 Cent-Münzen mitnehmen
  • Buchungsbestätigungen immer mit Namen versehen dabei haben
  • allgemein gilt, bei einfacher oder zweifacher Einreise und Aufenthalten bis zu 30 Tagen in maximal drei Monaten müssen mindestens die ersten zwei Nächte vorgebucht sein sowie jeweils ein Ein- und Ausreiseticket vorliegen.
  • Beim Einloggen in den PC auf der Visumsbehörde (falls man doch ein Formular drucken muss), bitte nicht vergessen, sich wieder abzumelden. (Man glaubt ja nicht, wie viele E-Mail-Postfächer noch frei zugänglich auf diesem Rechner geöffnet waren, weil sich die Leute nicht abgemeldet haben.)

Ich glaub, Konfuzius würde sagen: Viel Erfolg & Zài jiàn!

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