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Guilin & Yangshuo

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Allgemein

Hallo ihr Lieben! Die letzten Tage habe ich im wunderschönen Guilin & Yangshuo verbringen dürfen, der eine oder andere hat sicher schon Fotos auf Facebook, Instagram o.ä. gesehen. (Ja, ich habe Instagram für mich entdeckt.) Mein Aufenthalt hier begann nach der eher anstrengenden Zugfahrt von Chongqing nach Guilin mit einem riesengroßen Zufall: In meinem Hostelzimmer in Guilin traf ich auf einen ehemaligen Arbeitskollegen! (Für die Haysianer unter euch: AMY! ;-) ) Die Welt ist ganz schön klein, das ist bereits das dritte Mal, dass ich einen Hays-Kollegen irgendwo auf der Welt zufällig getroffen habe – dabei sind wir doch nur 1600! (Oder hat sich in den letzten Wochen drastisch etwas an dieser Zahl geändert?

Ich bin inzwischen seit drei Wochen unterwegs und nehme einige Unterschiede zur Heimat in Deutschland hier schon gar nicht mehr bewusst wahr. Ich versuche dennoch heute, euch einmal einige Beobachtungen zu schildern. Die Unterschiede fangen bereits im Verkehr an: Viele düsen auf Rollern durch das Verkehrschaos, vor ihnen auf dem Fußtritt steht nicht selten ein kleines Kind, das sich am Lenker festhält. Helm trägt hier niemand, vermutlich ist dies eine weitere Maßnahme der chinesischen Regierung zur Regulierung der Bevölkerungsgröße. Mittendrin kreuzen Radfahrer das Geschehen, ausgestattet mit Rädern voller Körbe, aus denen halb zerrupfte, lebende Gänse blicken und dabei hektisch herumschreien, um nicht geschlachtet zu werden (wohl wissend, welches Schicksal ihnen bald droht). Drumherum gibt es natürlich noch eine Vielzahl an unterschiedlich schnell fahrenden Autos. Die Geräuschkulisse: Ein Hupkonzert aus Roller- und Autohupen sowie Fahrradklingeln in allen Tonlagen.
Das Hupen an sich ist ein eigenes Thema. Inzwischen bilde ich mir ein, eine gewisse Gesetzmäßigkeit in der Art des Hupens erkannt zu haben:

  • Kurzes, einfaches Hupen: Ich quetsch mich hier noch eben durch von irgendwo, Du übersiehst mich doch nicht, oder? Oder: Grüßen.
  • Zwei Mal gleichmäßiges, kurzes Hupen: Ich fahre jetzt los. Oder: Verlegenheitshupen, wenn sonst nichts passiert.
  • Zwei Mal Hupen Kurz-Lang: Ich will hier noch durch.
  • Drei Mal Hupen: Ich überhole Dich jetzt.
  • Langes, ausdauerndes Hupen: Ich bin größer als Du, geh gefälligst aus dem Weg.
  • Langes, ausdauerndes Hupen, während man auf der Gegenfahrbahn ist: Ich bin zwar nicht größer als Du, aber ich bin auf Deiner Spur und komme Dir entgegen. Ich werde nicht bremsen, also mach Platz!

Klamottentechnisch habe ich mich hier auch bereits an einen völlig eigenen Stil gewöhnt und ich wundere mich nicht mehr darüber, dass auf den Köpfen der Leute grüne Blätter oder bunte Plastikblumen zu wachsen scheinen. Was mir jedoch immer noch ein Grinsen ins Gesicht zaubert, sind die Motto-Shirts, auf denen in englischer Sprache Aussagen wie „I’m sexy bitch“ oder „Nudism“ zu lesen sind – getragen von kleinen Mädels oder älteren Herren, die mit größerer Wahrscheinlichkeit nicht wissen, was da zu lesen steht. Die Sprüche auf einigen T-Shirts kann man garnicht lesen, was daran liegt, dass viele Männer hier gerne bauchfrei tragen, indem sie ihr T-Shirt nach oben rollen und unter ihre Arme klemmen. Daran werde ich mich hoffentlich nie gewöhnen. Ich glaube, dieser Trend wurde auch von den westlichen Medien aufgegriffen und mit dem Begriff „Peking-Bikini“ versehen.
Schließlich ist da noch das, was ich Großfamilien-Syndrom bezeichne. In China kann es mitunter recht anstrengend sein, in einer Schlange zu stehen, da die Schlange weniger einer Aneinanderreihung von Personen als viel mehr einer dynamischen Masse an sich gegenseitig wegschiebenden und überholenden Kämpfern gleicht. Wenn ich an einem Schalter für Zugtickets oder an einer Rezeption stehe, kommt es nicht selten vor, dass sich jemand von der Seite dazu drängt und mit wildem Schnipsen vor dem Gesicht des Auskunftgebenden die Aufmerksamkeit auf sich zieht, um sein Anliegen zu äußern. Vordrängeln nennt man das in Deutschland, ich kann meine Genervtheit darüber einfach nicht ablegen und bringe diese inzwischen häufiger zum Ausdruck. :-)

So viel zu China im Allgemeinen, kommen wir zu meiner letzten Station: Guilin ist zwar so ein bisschen das Mallorca von China, dabei aber ein wirklich süßes Städtchen mit einer tollen Food Street, auf der man allerhand lokale Spezialitäten probieren kann. Ich hab mich den Abend über durchprobiert und später im Hostel bei einem Bierchen (Duvel!) ein wenig meine weitere Reise geplant.

Am Samstagmorgen um 8 Uhr wurde ich von einem Bus abgeholt, ich hatte nämlich die „Luxury Guilin to Yangshuo River Li Experience“ gebucht. Mit dabei war ein englischer Tourguide: Unser Guide hieß tatsächlich Emily, zumindest war das der englische Name, den sich Emily selbst gegeben hat und welchen sie liebevoll aufspaltete in die fünf Anfangsbuchstaben von „EVERY MOMENT I LOVE YOU“. Ich bin relativ sicher, dass einige von euch hierüber schmunzeln werden. Unsere Truppe aus etwa 80 Leuten bestand je zur Hälfte aus Chinesen und Nicht-Chinesen. Alle Nicht-Chinesen, mit denen ich gesprochen habe, waren völlig überwältigt, so viele Ausländer zu sehen, das passiert in China nämlich nicht so häufig. Außerdem Teil der Crew waren weitere Guides, die sich namentlich nicht vorstellten und vermutlich Emily unterstellt waren, ein Team aus Köchen sowie ein Fotograf.

Nachdem wir alle unsere Plätze eingenommen hatten (und ich als allein reisende in China erstmal an den Rand dazu gesetzt wurde, natürlich nicht, ohne vorher über den Lautsprecher, den sich unsere Autoritätsperson für diesen Tag an ihren Gürtel geklipst hatte, ein empörtes „Alone? Really?“ entgegen geschmettert zu bekommen), durften wir diese Plätze auch nicht verlassen, bevor Admiral Emily das Zeichen dazu gegeben hat. Als wir nämlich nach Start des Schiffes ohne ihre Erlaubnis aufgestanden sind, um aufs Deck zu gehen, wurden wir direkt zurück zitiert unter Angabe des Grundes, dass wir ja noch im Pierbereich seien. Für die anderen Schiffe galt diese Regel nicht und so winkten uns zahlreiche andere Reisende von den Decks ihrer Schiffe herunter in unsere Kabine. Es gab übrigens natürlich noch weitere allein Reisende auf dem Schiff, allerdings nur in der Gruppe der Nicht-Chinesen. Chinesen würden niemals allein reisen, geschweige denn in einem Restaurant speisen, etc..

Als wir dann endlich durften, stürmten wir an Deck, um für die folgenden Stunden einen guten Fotoplatz zu ergattern. Wir wurden – trotz wechselhaftem Wetter – mit einer wunderschönen Kulisse belohnt. Es war einfach traumhaft, stundenlang den kurvigen Fluss entlang durch die bizarren Karstlandschaften zu fahren. Einige Felsen haben von kreativen Chinesen Namen erhalten, so gab es beispielsweise den Felsen der neun Pferde (ich hab leider nur eines gesehen), den Bambussprossenfelsen und nicht zuletzt den Hello Kitty-Felsen. Auskunft hierüber erhielten wir in übertriebener Lautstärke durch den Außenlautsprecher. Für die meisten namentlich benannten Felsen musste man seine Fantasie zwar schon SEHR anstrengen, um eine Ähnlichkeit zu erkennen, aber unterhaltsam war es allemal. Insgesamt erinnert mich die Landschaft um Guilin mit ihren gleichmäpigen Hügeln an eine Kulisse in „Super Mario World“, nur Yoshi hat gefehlt.
Das echte Highlight sollte aber noch kommen: Entlang der Route konnte man einen Blick auf genau die Landschaft werfen, die auf der Rückseite der 20 Yuan-Scheine abgebildet ist, und bereits Stunden vorher standen wir alle mit eben diesen Scheinen auf dem Boot und verglichen die vorbeiziehenden Bergformationen mit denen auf unseren Geldnoten. Es wurde immer spannender und wir hatten nur noch etwa 1 ½ Stunden Fahrt vor uns, als uns Emily mitteilte, es würde jetzt Mittagessen geben. Bis zur Ankunft am 20-Yuan-Felsen hätten wir noch locker 30-40 Minuten Zeit. Beim Gang nach unten wurde in unserer kleinen nicht-chinesischen Gruppe bereits gewitzelt, dass das ja sicher eine Falle sei und ein wenig Skepsis blieb bestehen. Die Bestätigung, dass unser Misstrauen berechtigt war, kam prompt: Kaum standen wir (fast) alle für ein paar Minuten unten in der Schlange, kamen die zwei bis dato noch fehlenden Nicht-Chinesen, die noch oben geblieben waren, und hatten Unglaubliches zu berichten. Die erwartete Kulisse erschien ebenso plötzlich, wie sich das obere Deck leerte – und bis auf die beiden sowie einer Gruppe ausgewählter Chinesen bekam niemand etwas davon mit! Die Nicht-Chinesen fingen also an, mit ihren eigenen Kameras die berühmten „Vergleichs-Fotos“ zu schießen, auf denen sowohl der 20 Yuan-Schein als auch die Kulisse zu sehen waren, als der herbei geeilte Fotograf die beiden laut anschrie und mehr als deutlich zu verstehen gab, dass sie gefälligst sofort zu verschwinden hatten. Klare Sache: Die Gruppe ausgewählter Chinesen hatte sich die Kulisse und ein exklusives Foto gekauft! Alle anderen 70 wurden deshalb dreist belogen. Natürlich gab es keinen Aufstand, in chinesischer Manier geht man eben zum Essen, wenn man gesagt bekommt, dass man zum Essen gehen soll. Die Truppe Nicht-Chinesen, die sich – ebenso wie ich – auf das Foto gefreut hatte, war jedoch mehr als enttäuscht. Ich hab das mal abgespeichert als unglaubliche Geschichte, die einem so vermutlich nur in China passieren kann.

Hier die Bilder von der Fahrt:

Yangshuo ist ein wirklich süßes Städtchen, allerdings auch sehr touristisch. Die West Street, eine Partystraße, erinnert mich sehr an die Khao San Road in Bangkok. (Diesen Vergleich habe ich inzwischen oft bestätigt bekommen.) Umgeben ist die Landschaft von riesigen Karstfelsen und alles ist sehr überschaubar. Abends bin ich mit AMY Essen gegangen. Es war übrigens seine Idee, Seeschnecken zu bestellen, die damit auf der Liste der Kuriositäten landen, die ich bisher in China gegessen habe (direkt vor Innereien und hinter den 1000-jährigen Eiern).

Würd ich – ebenso wie die bisherigen restlichen Kuriositäten – nicht wieder bestellen, war aber nicht so schlecht, dass man nicht mehr als eine probieren konnte.

Am nächsten Tag ging ich spazieren und gönnte mir meine erste chinesische Massage. Mit inklusive war das, was man in Deutschland wohl „Schröpfen“ nennt: Glasgefäße werden mit heißer Luft befüllt und auf den Rücken gestülpt, so dass sich mit Abkühlen der heißen Luft ein Unterdruck bildet und die Haut angesaugt wird. Fühlte sich ziemlich schräg an und ich dachte, das sei Teil der chinesischen Massage (die übrigens hervorragend war). Als ich dann zum zweiten Teil meiner Behandlung übergehen wollte (Ich hatte noch Pediküre gebucht), bekam ich gesagt, dass das ja bereits die zweite Behandlung gewesen sei. Statt schöner Fußnägel hab ich jetzt also lauter kreisrunde, blaue Flecken auf dem Rücken. Na bravo, ich hätte wissen müssen, dass die englische Übersetzung auf der Massage-Auswahlkarte gegebenenfalls nicht wirklich aussagekräftig sein könnte.

Am nächsten Tag wollte ich eigentlich eine Radtour machen, die auf Grund von Regenwetter jedoch ins Wasser gefallen ist. Ich habe stattdessen den Roller meiner Hotelbesitzerin Lucy geliehen und bin samt Regenschutz durch die Gegend gefahren. Die Rollerfahrerei hat mich sehr an Thailand erinnert und mir direkt ein Lächeln ins Gesicht gezaubert, und die Möglichkeit, den ganzen Tag lang ohne festes Programm oder fixe Route Yangshuo und die umliegende Gegend zu erkunden, war mehr als toll! Ich kenne jetzt jeden Fleck und hab sowohl tolle Landschaften als auch süße Cafés entdeckt, in denen ich stundenlang eingekehrt bin. Abends stand für mich noch der Besuch eines vegetarischen Restaurants auf dem Programm, wo ich außerordentlich gut (und für chinesische Verhältnisse außerordentlich teuer) gegessen habe. Trotz Regen ein schöner Tag.

Jetzt geht es ab morgen weiter mit Xi’an und ich freue mich darauf, die Terrakotta-Armee und Hua’shan sehen zu können! Am Freitag oder Samstag fahre ich bereits nach Peking weiter und dann ist es auch gar nicht mehr lang, bis ich in Shanghai ankomme – meinem letzten Stop in China.

Liebste Grüße aus Xi’an,
eure Ena (die gerade bereits im Hostel in Xi’an sitzt und ebenda eine Nudelsuppe gegessen hat. Nach dem ersten Löffel hab ich bei der Bedienung nach Chili fragen müssen, danach war’s ganz lecker. Sichuan hinterlässt Spuren bei mir… )

2 Kommentare

  1. Sehr schön mal wieder, deine Berichterstattung :-)
    Wünsche dir weiter eine tolle Zeit und bin gespannt auf deine Erzählungen.
    Die große Mauer kommt von Peking aus dran, oder?
    Bussi von der Mama :-*

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