100 Tage auf Reisen – Zeit für einen Urlaub auf Siargao

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Mabuhay, ihr Lieben! Heute feiere ich ein Jubiläum! Zählt man meinen Abreisetag als Tag 1 meiner Reise, ist heute – tadaa! – mein 100. Tag unterwegs! Ich könnte mir keinen schöneren Ort vorstellen, um dieses Jubiläum zu feiern, als der, an dem ich mich gerade befinde. Die Sonne scheint bei angenehmen 27 Grad Celsius, vielleicht klettert das Thermometer noch auf 29 Grad an. Ein leichter Wind weht mir um die Nase, während ich selbige genau jetzt gerade in Richtung des tiefblauen, pazifischen Ozeans hin ausrichte. Mein Dress, seit ich auf den Philippinen bin: Flip Flops, Bikini und ein Kleid darüber. Der Himmel ist blau mit einzelnen weißen Wölkchen, ich bin umgeben von perfekten Palmen und statt beizeiten aufmerksamkeitsraubender anderer Traveler begleiten mich hier nur die entspanntesten Hunde, die ich auf meiner bisherigen Reise getroffen habe (natürlich kein Vergleich zu Merlin) und die nur dann und wann zu mir kommen, um sich mit einem Nasenstupser ihre Streicheleinheit abzuholen. Das nächste richtige Dorf – General Luna – liegt etwa eine Stunde Rollerfahrt entfernt, wobei die Fahrt zur Hälfte über steinige, matschige Schotterpiste führt, auf der man nur mehr oder weniger Schrittgeschwindigkeit fahren kann. Eine Brücke nach General Luna wurde mal angefangen, aber nie fertig gebaut. Wohin das Geld für die Brücke verschwunden ist, weiß keiner – Philippinen halt. :-) Selbstverständlich gibt es hier, wo ich bin, keine Restaurants, ich versorge mich selbst mit dem, was es hier in kleinen Holzhütten zu kaufen gibt: Reis, Obst, Gemüse, Eier – dazu fast täglich frische Kokosnuss von einer der Palmen hier. (Ok, zugegebenermaßen freue ich mich schon ein kleines bisschen darauf, ab morgen wieder etwas mehr Abwechslung auf meinem Speiseplan zu haben… Nur an der täglichen Portion Mango werde ich nichts ändern.)

Die zehn Tage hier habe ich hauptsächlich in meiner Reisehängematte verbracht – das ist so mit das coolste Geschenk, das ihr mir machen konntet! Nicht nur, dass ich beim Darin-Herum-Schaukeln ganz viel an euch Zuhause gedacht habe, gleichzeitig konnte ich diese auch idyllisch direkt am Meer zwischen zwei Palmen aufhängen und mir damit einen Platz schaffen, der nur mir gehörte! Und saubequem ist das Teil auch noch! Danke dafür!

Natürlich habe ich in den zehn Tagen auch ein bisschen was „erlebt“: Ich bin mit dem Bootstaxi herum gefahren, habe mich mit dem Kayak durch abenteuerliche Wellen gekämpft und ein kleines Eiland erkundet (welches sich in ca. 2 Minuten zu Fuß umrunden ließ), habe mich im Wellenreiten versucht (immerhin bin ich hier in unmittelbarer Nähe von Cloud 9, einem der berühmtesten Surferorte weltweit), habe mich lange gefragt, was den Leuten am Wellenreiten gefällt (für mich isses irgendwie nix), ich habe das Riff samt zahlreicher Fische hier vor der Haustür erschnorchelt und mich mit einigen der Dorfkinder aus dem nächsten Ort angefreundet, ich habe mit mir völlig unbekannten Zutaten gekocht, das Gefühl erlebt, das man hat, wenn sich ein Taifun zusammenbraut und in Richtung der eigenen Hütte am Strand zieht (glücklicherweise ist er woanders hin weiter gezogen) und wirklich mal ZEIT gehabt – ohne Hetze, ohne Weiterreise, ohne großes Programm. Was hab ich gemacht mit all der Zeit? Meine Hauptbeschäftigung bestand im Essen von Mangos in meiner Hängematte. Und: (Ich hätte es selbst nicht für möglich gehalten, aber:) Ich habe politische Sachbücher gelesen und mich mal sehr intensiv mit der aktuellen geopolitischen Lage beschäftigt. Meine umfassenden Gedanken dazu teile ich ein anderes Mal mit euch, nur so viel: Glaubt nicht alles, was euch durch die großen Medien vermittelt wird – und bleibt friedlich.

Was Siargao (gesprochen „Shargau“) im Allgemeinen betrifft: Es handelt sich hier wirklich um eine weit ab von allem liegende, kleine, paradiesische Insel mit mäßiger Infrastruktur, dafür immer einem angenehmen Lüftchen, größtenteils gutem Wetter, traumhaften Wellen, netten Menschen und vielviel Abgeschiedenheit. Wer sich bemüht und sich ins Zentrum des Geschehens (General Luna) begibt, findet dort neben netten Filipinos auch paar nette Surfer und nette Taucher, aber sonst eben nicht viel mehr. Und wer sich nicht um Gesellschaft bemüht, findet Zeit für sich in traumhafter Umgebung. Alles läuft hier entspannt ab – typisch für die Philippinen. Strom gibt es manchmal, manchmal nicht. Klingt wie im Bilderbuch? Ich glaube, Bilderbücher von paradiesischen Inseln wurden genau hier gezeichnet. Ich genieße die Zeit und Umgebung hier sehr!

Selbstverständlich hab ich meinen Aufenthalt hier auch dafür genutzt, einmal ein Resümee zu ziehen. In 100 Tagen, davon die meiste Zeit alleine, hatte ich einige Erkenntnisse – über mich und über das Reisen. Und ja, alleine Reisen ist nicht vergleichbar mit dem Reisen in Gesellschaft.

Mein Eindruck: Wer Land und Leute kennen lernen möchte, tut dies in zwei, drei Monaten. Alles, was danach passiert, ändert den Blick – weg von außen und hin zu sich selbst – wenn man es denn zulässt. Viele schreiben vom Reiseblues, den man bekommt, wenn man lange unterwegs ist. Ich kann das Teilen: Nach einer gewissen Zeit in der Fremde wird man blind für das, was einen sonst völlig umgehauen hätte. Man besichtigt beeindruckende Sehenswürdigkeiten, trifft spannende Menschen und hat die Möglichkeit, einen völlig fremden Teil der Erde zu erkunden – und ist so erschöpft von der ganzen Begeisterung, die man bisher für alles bereits Erlebte aufgebracht hat, dass einfach keine mehr übrig ist. Reiseblues klingt so sentimental und negativ – so ist es aber auch nicht. Das Gefühl, das man bekommt, ist per se nichts Schlechtes und völlig normal – nur wird es dann Zeit für eine Pause. Meine Motivation ist es dann nicht mehr, möglichst viele Eindrücke zu sammeln und Land und Leute intensiv kennen zu lernen – sondern durchzuatmen, Urlaub zu machen, an einem Ort zu bleiben, einen Alltag zu leben und die Anzahl der Eindrücke ein wenig runter zu schrauben. Im Übrigen ist es auch äußerst frustrierend, wenn man ständig weiterreist mit dem Gefühl, noch nicht alles gesehen zu haben – daran muss man sich gewöhnen. Ich nehme mir im Vergleich zu anderen schon recht viel Zeit, um hinzusehen. In der Zeit, in der ich hauptsächlich China, Japan und die Philippinen bereise, machen andere 1 ½ Weltreisen. Trotzdem: Ich kann wirklich nicht sagen, wann ich das letzte mal für 10 Tage am Stück in ein und demselben Bett geschlafen habe. (Auch vor meiner Reise nicht.) Dieses jetzt gerade hier zu tun, tut schon sehr gut! Und es tut gut, zu merken, dass man gerne auch mal mit sich selbst allein ist – und das auch kann.

So sehr ich mich auf jeden einzelnen von euch freue, wenn ich wieder da bin, so sehr genieße ich es hier, einmal für mich zu sein – auch, um aus dem typischen Gesprächskreislauf der Reisebekanntschaften auszubrechen. „Where are you from? Where are you going? How long are you traveling?“ – in 6 von 10 Fällen führen diese Fragen zu einem Monolog mit umfassendem Erfahrungsbericht des erst seit kurzem reisenden Fragestellers, gespickt mit Informationen, die als Geheimtipp im Lonely Planet stehen und die man unbedingt machen sowie einer Auflistung an Orten, die man zwingend besucht haben muss. Das ist dann ebenfalls wenig entspannend und vermittelt einem als bereits länger Reisenden schnell ein schlechtes Gewissen, da man ja eigentlich gerade eine Pause macht. Zugegebenermaßen hatte ich ebenfalls viel Muße für diese Art der Fragerei, als ich am Anfang meiner Reise stand. Jemand, der länger unterwegs ist, muss sich in solchen Situationen häufig von dem Gefühl frei machen, Dinge machen zu müssen.

In weiteren 3 von 10 Fällen führt die Fragerei (speziell bei den bereits länger Reisenden und damit offensichtlich geopolitisch interessierten, haha) zu einer politischen Diskussion darüber, dass es völlig falsch von Angela Merkel sei, so viele Flüchtlinge aufzunehmen und dass Deutschland daran zugrunde gehen würde. Wiederkehrende Diskussionen wie diese waren nicht ausschlaggebend für mein plötzliches Interesse an Politik – aber es ist schon erstaunlich, wer alles eine klare Meinung zu diesem Thema hat. Und es ist mindestens ebenso erstaunlich, mit welchen angeblichen Wahrheiten man konfrontiert wird, die über die großen Medien der verschiedenen Nationen meiner Gesprächspartner transportiert werden. Ich hab das ja mal studiert – diese Art von Gesprächen sind jetzt so was wie eine nachgelagerte Feldstudie zu Medienwirkungskonzepten, kein Witz.

So ganz langsam bin ich jedenfalls wieder bereit für derartige Gespräche – morgen geht es zurück in die Zivilisation (wenn man El Nino so nennen kann)! :-)

Was mir sehr geholfen hat nach den vielen Eindrücken: Eine Routine erschaffen – für das Reisen und auch für zu Hause. Hier so weit weg von allem habe ich so viel Zeit, um auf mich zu achten und mir selbst zuzuhören, dass ich mir dieses Gefühl gerne konserviert mitnehmen möchte. Eine Routine unterwegs kann dabei helfen, ein wenig „Alltag“ und damit „Wohlgefühl“ zu schaffen – auch wenn diese Routine jeden Tag woanders stattfindet. Das kann Sport sein, Meditieren, Yoga, ein Tagebuch, ein Kaffee nur für sich, etc.. Ich habe für mich zum Beispiel herausgefunden, dass ich eine Frühstückerin bin. Morgens eine Portion Kohlenhydrate, um in den Tag zu starten, tut mir doch ganz gut. Jahrelang habe ich morgens nichts oder nur sehr wenig gegessen, das wird sich jetzt ändern. Abends vor dem Schlafen brauche ich dafür gar nicht mehr so viel.

Was mir im Zuge dieser Routine-Planerei übrigens sehr klar geworden ist: Ich plane echt gerne! Als ich in diese Reise gestartet bin, habe ich es mir ernsthaft und fast zwanghaft zum Motto gemacht, das Planen mal sein zu lassen und gegen folgendes Credo auszutauschen: „Ich mache alles ganz anders als zuhause und lasse alles mal einfach auf mich zukommen und bin dabei ganz entspannt. Ich lasse passieren, was passiert. Ich reise, wohin es sich eben ergibt.“. Überraschung: Funktioniert bei mir nicht! Ich habe lange versucht, es durchzuziehen, aber ehrlich gesagt stresst mich das mehr als dass es mir Ruhe und Entspannung bringt. Mir geht es besser, wenn ich mir zumindest über die Rahmenbedingungen im Klaren bin. Natürlich muss dann noch Raum für Spontaneität (ja, Sabrina, schreibt man wirklich so ;-) ) bleiben, keine Frage. Und jeder Plan kann geändert werden – doch dafür muss es erstmal einen geben. Seit ich das erkannt habe und mir dies erlaube, geht es mir echt ein Stückchen besser!

So viel dazu. Bleibt mir noch, euch ein paar bebilderte Eindrücke aus meinem Erkenntnisparadies zu schicken! Alle, die sich Regenbilder von mir gewünscht haben, sollten die folgenden Bilder nicht ansehen. Allen anderen wünsche ich viel Spaß!

Habt einen gelungenen Vizefreitag, ich schick euch einen dicken Schwung Sonne!

Eure Erkenntnis-Ena

3 Kommentare

  1. Ich freu mich wenn du wieder da bist und wir geplante Spontaneität walten lassen können ;-) Du fehlst uns hier!

  2. Ist es nicht das Schönste, festzustellen, dass man gut ist, wie man ist? Planend oder nicht!
    In diesem Fall also, dass du gut bist, wie du bist!

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